Donnerstag, 29. September 2011

Amerika 31.08.2011 – 18.09.2011

31.08.2011

Edward Sharpe and the magnetic Zeros – 40 day dream

Ursprünglich sollte mein Trip schon am 27., also sonntags losgehen und 23 Tage dauern. Daraus wurde aber leider nichts, höhere Mächte hatten nämlich beschlossen den stärksten Wirbelsturm seit über 50 Jahren genau an dem Sonntag in New York wüsten zu lassen, an dem ich dort mit dem Flieger ankommen sollte. Wahnsinn…

Lange Rede kurzer Sinn: Mein Flug wurde auf Mittwoch verschoben. Na ja, hab ich mir gesagt, dann trink ich halt noch ein paar Tage länger Bier auf dem Bierfestival in Erding und fahr dann halt zum ausnüchtern in die USA.

Jetzt sitze ich tatsächlich im Flieger und flieg schon seit Stunden dem Sonnenuntergang hinterher. Ich glaube wir werden das Rennen verlieren, ich komm erst gegen 23:30 Uhr Ortszeit an. Die Tage daheim waren aber auch echt schön, ich konnte das super Wetter genießen während ich den Wirbelsturm in NY durch die Nachrichten mit verfolgte. Anfangs hatte sich der Nico, der ja bereits seit 3 Wochen in der USA war, noch beklagt weil er kein Windsurfzeug dabei hatte. Später hieß es nur noch er würde sich den Tag im Hotelzimmer verbarrikadieren – und ich chill im Garten bei strahlendem Sonnenschein.

Zurück zu unserem Trip, der in NY beginnen wird. Übernachten? Kein Plan. Es wird sich schon was finden, ich hab mal das Zebra Quechua mitgenommen. Außerdem wollen wirs mit Couch-Surfing probieren… mal sehen wie sich das so entwickelt, ich war nicht allzu fleißig im Vorhinein, das muss ich schon sagen. Na, zumindest hab ich zwei Reiseführer dabei, leider ungelesen aber was soll’s. Die werden uns bestimmt gut leiten. Außerdem, zur Not verlass ich mich auf die Ortskenntnis vom Nico, der ist ja auch schon länger da.

Wie sagt man so schön? „No risk, no fun.“

01.09.2011

U2 - Beautiful day

Die Ankunft in NY hatte ich mir wirklich angenehmer vorgestellt. Ich kam um 5 Uhr morgens, an meiner inneren Zeit gemessen, an und musste erst mal 30 Minuten anstehen um bei irgendwelchen Behörden vorbei zu kommen. Anschließend begrüßte mich der Nico und ich dachte mir nur:
„Scheise ! Der hat ja sein ganzes Gespräch dabei, das wird ne lange Nacht.“
So war es dann auch. Wir mussten erstmal ne Stunde durch die Gegend fahren und verbrachten beim Umsteigen gefühlte Stunden auf zwielichtigen Bahnsteigen. Meine Stimmung war am Nullpunkt!

Getrieben wurden wir einzig von der sehr vagen Hoffnung auf eine Übernachtungsstätte. Nico hatte auf einer Karte einen Strand entdeckt, wo es so aussah als würde dort niemand leben und wir folglich dort ungestört übernachten konnten. Sowas spornt einen richtig an, vor allem wenn man 30 kg auf dem Buckel hat. Ich war völlig müde und völlig genervt!
„So ne Kacke, führt der mich mitten in der Nacht in düstere Vororte, um dort zu übernachten.“ Tatsächlich mussten wir noch 30 Minuten am Strand langspazieren, bis wir die finster aussehenden Wohnblocks an der Promenade hinter uns ließen.

Wir schlugen das Zelt an der Gartenmauer eines großen Ferienhauses auf. Na dann mal gute Nacht, in einem Zelt, das weniger Platz als ne kleine Matratze bietet, mit 2 Personen und 4 Rucksäcken. Inzwischen war es 9 Uhr morgens (für mich). Na ja, dafür war der Sonnenaufgang am nächsten Morgen umso überwältigender und versöhnte mich mit meinem Schicksal in Rockaway Beach.


Nach der im Nachhinein betrachtet, ungemütlichsten Nacht des ganzen Trips, ging es schon früh los. Das Zelt war nämlich nass und ich fühlte mich irgendwie unwohl mit dem Nico halb auf mir liegend und 2 fetten Taschen unter den Füssen.

Außerdem störte es mich, dass unser Zelt jetzt so gut sichtbar war. Wie schon gesagt, der gerade beginnende Sonnenaufgang war wirklich atemberaubend und ließ einen schlagartig hellwach sein.

Das Ziel des Tages stand schon früh fest, eine sichere Herberge finden. Also machten wir uns auf unsere Odysee – nach kurzem Frühstück am Strand versteht sich. Erstmal wollten wir es am Strand versuchen, die erste Herberge fanden wir nach einigem rumfragen und viel hin- und herrennen. Ja, die Leute da waren uns gleich ein wenig suspekt, später stellte sich heraus, dass in dem Ort eine Irrenanstalt war…

Zurück zur Herberge: 150$. Not ! Die zweite Herberge sollten wir nie finden. Trotzdem liefen wir von der 120th bis zur 89th Street, mit fettem Rucksack und der herunterbrennenden frühen Mittagssonne. Irgendwann beschlossen wir dann, doch lieber in Manhattan zu übernachten. Zum Glück half uns da der Reiseführer weiter, es waren preiswerte Hotels inkl. Telefonnummern angegeben.

Wir fuhren dann nach Manhatten und fanden nach einigem hin und her tatsächlich eine Unterkunft für unverschämte 112$. Unverschämt, weil das Gebäude noch im Umbau war und von den 5 Toiletten nur 1 klappte…

Später am Tag waren wir dann nochmal unterwegs und fuhren nach Staten Island, mit der Ferry, die uns ja wärmstens empfohlen wurde, vom Reiseführer. ;) Ganz unverblümt gesagt, es war tatsächlich atemberaubend! Die Statue of Liberty vermittelt einem das Gefühlt von Freiheit. Wie sie so dasteht, mit ausgestrecktem Arm. Auch der Blick auf Manhatten ist unvergesslich, vor allem da es auf der Rückfahrt schon dunkel war. Es ist skurril und imposant zugleich wie hunderte riesiger Gebäude so dicht an dicht aus der Erde entspringen. Das ganze scheint so unnatürlich…



Ein ganz schön beschäftigter Tag 3

Ohrbooten - Autobahn

Heute bin ich schon wieder sehr früh aufgestanden (7:30 Uhr) und bin zum Empire State Building gerannt. Ja! Ich war so früh laufen. Leider musste ich nach 10 Minuten abbrechen, weil ich stechende Hüftschmerzen hatte.

Pünktlich zum Einlassbeginn um 8 Uhr war ich dann da und kam ohne anzustehen oben an. (Teuer war’s! 22$) Die Aussicht, echt genial. Ich hab jede Menge Fotos geschossen und versucht mich mit Selbstauslöser zu treffen, hat glaub ich nur mittelmäßig geklappt.

Vormittags gings dann über die High Line Richtung Greenwich Village. Das war echt cool, vor Allem die Bänke waren stylish.

Nein! Nicht zum ausruhen. Na schön, das Ausruhen war natürlich auch gut, aber sie waren im wahrsten Sinne des Wortes, architektonisch stylish. Umsäumt waren diese Bänke von richtig vielen Pflanzen. Außerdem gab es da einen Wasserspender. YEAH! Komisch war nur, dass der immer angefangen hat mit einem zu reden sobald man auf den Wasserknopf gedrückt hat. Ich habs zwar nicht ganz verstanden, es hat trotzdem mein schlechtes Gewissen angeregt. „Wasser ist wichtig!“ – oder so ähnlich. Greenwich Village war tatsächlich ziehmlich grün. Tolles Viertel mit schönen Häusern.

Danach waren wir noch auf nem Tony Hawk Skate Wettbewerb auf ner Halfpipe. Das ganze fand im Rahmen der Surf WM statt. Unglaublich wie hoch die Pros da teilweise springen und dabei krasse Moves vollführen. Dafür hat es alle 30 sec auch einen zerlegt, und sowas bei den Profis. Da kann man sich schon vorstellen wie oft die normalo-Skater auf dem Boden landen. Ach ja, ein verrückter 14-jähriger war auch schon gross mit dabei.

Ich war heute den ganzen Tag zu Fuss unterwegs. Echt krass, bin sau fertig!

Ungemütlicher Tag 4 der in Harlem endet

Red hot chili Peppers - Strip my mind

Ganz schön stressig ungemütlicher Tag heute. Insgesamt war er auch ziehmlich uneffizient. Dabei ging er so gut los! 7:45 Uhr aufgestanden, erstmal ne Runde Frühstücken an einem der chilligen Stände an der Ecke. Die sind echt empfehlenswert, weil billig. Danach hab ich noch meine Karten geschrieben und Nico geweckt. Aber sonst? Wir haben nicht viel kulturelles gesehen, dafür hatten wir nen mega Stress.

Wir waren insgesamt ca 3 Stunden im Apfel Laden um nach ner Unterkunft zu suchen. Leider gab es gar nichts. Zwischendurch hatte ich echt ne tiefe Sinnkrise und musste erstmal ins Bad mir das Gesicht auswaschen gehen. Oh maaan! Das Dumme war, dass sich vom Couch-Surfing keiner gemeldet hat. Letztendlich haben wir es dann doch geschafft die Letzte freie Unterkunft zu buchen. Leider war es tatsächlich die Letzte. Wir sind jedoch zu zweit.

Also hat sich der Nico dazu bereit erklärt das Risiko auf sich zu nehmen und sich einfach reinzuschleichen. Das hat er auch gemacht und es hat alles – Fortuna sei Dank- super geklappt. Wir haben uns ein wenig Glück aber auch wirklich verdient! Na ja, der Nico kannte die Unterkunft schon von seiner 1.Nacht allein.

Ansonsten waren wir heute nur vom Zentral gelegenen Central Park auf der Sheep Meadow und haben uns gesonnt. Abends waren wir dann nochmal im Central Park um Schach zu spielen. Auf einmal hören wir ganz laute spanische Musik, der wir sogleich folgten weil wir uns von ihr i.wie angesogen fühlten. Auf was wir daraufhin trafen war tatsächlich auch sehenswert.
Da waren ca 20 gut angezogene Paare aller Altersklassen und haben Paartanz betrieben. Auf dem Boden stand in großen Lettern : TANGO. Das sah richtig anmutig aus ! Ich hab da beschlossen, dass ich auch Tango tanzen können will, das taugt mir, denk ich.

Na ja und heute Abend sassen wir auf so ner Haustreppe, auf einmal kommt so ne dicke, alte Schwarze raus und fängt an mit uns zu schwätzen. Die hatte vllt einen Slang drauf ! Echt krass, na ja aber sie war nett, hat uns noch zu nem Wasser eingeladen und uns ihrer Tochter, die 20 ist, vorgestellt. Haha.

Was soll ich sagen? Als wir grad eben in unserem Zimmer saßen und darüber nachdachten, dass i.wie doch alles gut ausgegangen ist, waren wir beide gut drauf, hatten ein richtiges Hochgefühl. Und darum geht’s ja wohl letztendlich ?!

Tag 5

Morgens war es kein Problem den Nico wieder raus zu schleusen. Dafür hatten wir wieder die gleiche Ausgangsproblematik wie gestern. „Where the hell shall we stay?“ Der Apfel Laden brachte Aufschluss. Es war kein einziger Platz mehr frei und zwar in ganz New York! Chillig… nicht!

Aber so mega stressig wars i.wie auch nicht. Zumindest mental scheine ich gereift zu sein. Meine Nervenstärke angesichts des Abgrunds hat sich anscheinend erhöht. Na ja, evtl. lags auch einfach daran, dass ich noch ein Ass im Ärmel hatte: Die Alte von gestern. Die hatte uns nämlich erklärt, dass sie auch ein Zimmer hätte, welches sie prinzipiell gerne vermieten würde.

Wir also nichts wie hin, zurück nach Harlem und bei der Frau klingeln. Die wusste direkt bescheid als sie unsere Taschen sah, wir hatten noch nicht ein Wort gesprochen, da hatten wir schon ne Absage am Hals. Na toll! Dafür kannte sie aber nen Typen 3 Straßen weiter, der anscheinend Appartments vermietete. Was wir damals noch nicht erahnten: Er vermietet tatsächlich Appartments, für uns sind das jedoch Luxussuiten, die unser Budget bei weitem sprengen.

Wir gehen also nichtsahnend einen Block westlich und sehen gerade noch wie ein Typ an der beschriebenen Stelle aus dem Haus kommt und in seinen Van steigt. Geistesgegenwärtig reagieren wir blitzschnell, hechten an den Van und klopfen gegen die Scheibe.

Ein schwarzer, mittleren Alters, mit nett lächelnden Augen kommt zu uns raus und spricht uns an. (Der Van läuft schon!)

Hey Jungs, was gibt’s?
Bist du derjenige, der Appartements vermietet?
Ja wohl der bin ich.

Wir machen einen Freundensprung.

Woooah cool, hättest du noch was frei für heute Nacht?

Oh, tut mir leid, ausgerechnet heute ist alles ausgebucht
Unsere Hoffnung ist am Boden. Dieses scheiss verlängerte Labour-Wochenende ist an unserem Unglück Schuld! In letzter Verzweiflung bitten wir ihn darum zumindest in seinem Garten pennen zu können. Ein Zelt hätten wir ja. Nein, das geht leider auch nicht, er hätte den Garten zwei deutschen Mädls vermietet und wir wüssten ja wie Frauen so sind.

Mist, aber wir merken schon, dass er uns auch nicht einfach auf der Strasse stehen lassen will. „Aber was ist mit dem Vorhof? Könnten wir nicht immerhin da unser Zelt aufschlagen, dort könnte man zumindest zusperren.“ Und endlich, endlich bekommen wir eine Zusage. Puh! Er zeigt uns seinen Vorhof und meint das würde schon gehen – der Van läuft übrigens immer noch.

Nach kurzem Überlegen geht er noch mal in seine Wohnung, ruft uns herein und zeigt uns sein unaufgeräumtes Büro. Von ihm aus könnten wir unser Lager auch einfach im Büro zwischen den herumliegenden Briefstapeln aufschlagen. Wir sind beide völlig enthusiastisch und sagen zu. Schon ein netter Kerl, der Milton Wilson!

Ich schau aus dem Fenster und sehe den Van, der schon seit 10 Minuten mit Motor läuft. Sie haben schon eine komische Mentalität, die Amis!

Na ja, Milton muss los und wir verabreden uns um 8 Uhr bei ihm…

Nachdem wir den Nachmittag im Central Park verbrachten, tauchten wir ein wenig zu früh wieder bei Milton auf. Da jedoch niemand auf unser Klingeln reagierte, setzten wir uns auf die Treppe am Eingang und spielten zum Zeitvertreib noch eine Runde Schach. Irgendwann wird es aber mehr ein Schachraten, als ein Schachspiel.Nach einem Glueckssieg meinerseits – Glück weil wir in der Dunkelheit einfach ständig Figuren übersehen haben – schauen wir perplex auf die Uhr. Schon 10 Uhr und er ist immer noch nicht da.

Harlem ist auch nicht gerade das Gebiet von NY, wo man gern seinen Abend auf der Haustreppe verbringt. Es ist das bekannteste Schwarzenviertel von NY und stellt den Übergang von Manhatten zur Bronx dar. Ständig laufen wütend fauchende Muskelprotze vorbei und man selbst denkt sich nur, geh bitte weiter, einfach weiter.

Zwei vorbeikommende Nachbarn bieten uns an, Milton per Handy anzurufen. Leider war das erfolglos, von unserem netten schwarzen fehlt jede Spur.

Also warten wir weiter. Um 11 Uhr trudeln dann die 2 deutschen Mädls ein. Wir quatschen dann ein wenig mit ihnen und durch raffinierte Suggestion schafft es der Nico sie dazu zu bringen uns den Garten als Schlafplatz anzubieten. Wir sind sofort Feuer und Flamme und die beiden lassen uns rein. Tja, schwein gehabt! Im Hinterhof angekommen, staunen wir erst mal ganz schön. Gerade so etwas hätten wir an diesem Ort nicht erwartet.

Ein beharrlich angelegter Garten erscheint vor unseren Augen, da ein Steinchen, hier ein gepflasterter Weg, ganz am Ende, hinter dem Baum versteckt sich eine Steinbank. Für den gemütlichen Abend zu zweit, versteht sich. Eben diesen leisten wir uns dann auch.

Wir setzten uns mit unserer Flasche Rotwein auf die Bank und genießen, in Glückseligkeit gehüllt, die unerwartet eingetretene Stille. Draußen war die Unsicherheit in Harlem geblieben und drinnen waren wir, in diesem Paradies. Wir verbringen die Zeit unseres Lebens in Harlem.

Es ist der Ort an dem wir Hilfe und Geborgenheit am wenigsten erwartet haben, trotzdem haben wir hier die nettesten und hilfsbereitesten Menschen vom ganzen bisherigen Trip getroffen.

Im Nachhinein betrachtet war es dieser Abend, ab dem es aufwärts ging bei unserer Reise. Des Stress verschwand und der Urlaub konnte beginnen, das Glück hatte uns nämlich endgültig erreicht.

Tag 6 gebührt einem japanischen Alleskönner

Hey now girl - Jamaram

Am nächsten Morgen sind wir im Schlaraffenland aufgewacht. Nur, dass dieses Paradies keine Toilette hatte, weswegen wir sehr früh aufbrachen. Milton trafen wir auch an, der war nett wie eh und je, nur stand jetzt was zwischen uns. Seine unerwartete Abstimenz am Vortag sollte nie aufgeklärt werden.
Tja Pech, wir haben auch nichts gezahlt. Expost betrachtet hätte es echt nicht besser für uns laufen können.

Nico und ich trennten uns dann, er wollte sich um die Tickets kümmern, die wir für unsere Weiterfahrt brauchten und ich brach zum Guggenheimmuseum auf. Da war die Ausstellung, die vor allem durch ihre ganz eigene Subtilität überzeugte, von einem japanischen Alleskönner, er war Philosoph, ausstellender Künstler und Schriftsteller in einem. Er arbeitete hauptsächlich mit Steinen und Metallplatten. Den kostenlosen Audioguide im Ohr, bekommt man dann erzählt weshalb gerade diese Anordnung so besonders ist. Nach einiger Zeit beginnt man dann zu verstehen.

Na ja, evtl liegt es auch einfach daran, dass die Stimme im Kopf einem so eine interlektuelle Zwangsansicht aufdrückt, sodass man nur auskommt in dem man so tut als würde mans verstehen. Letztendlich tut man das aber nur, damit man nicht zwei Stunden lang sinnloses Gefasel im Ohr hat, das würde einen bestimmt verrückt machen. Da erscheint einem der Selbstbetrug schon ansprechender.

Beispiel: 5 Steine liegen sinnlos ohne Muster auf dem Boden rum.

Stimme: Hier sehen sie relatio-5-Steine. Der Künstler hat 7 Tage lang nicht geschlafen um exakt diese Anordnung hervor zu bringen. Offensichtlich ist, dass die 5 Steine nach keinem Muster aufgestellt wurden. Es gibt keinen richtigen oder falschen Winkel von dem man diese Konstruktion betrachten kann.

Die Stimme folgert: „Damit will Lee Ufan ausdrücken, dass es auch in der Welt kein richtig oder falsch gibt. Außerdem ist das Leben mehr Zufall und Unregelmäßigkeit als feste Struktur, sobald es auf die Unendlichkeit zugeht.“
Aha, klingt logisch. Halt Stopp! Das sind doch einfach nur 5 Steine. Hä?!?!

Na ja, dann gab es da auch noch einige sehr interlektuelle Bilder im minimalistischem Stil von Punkten und Strichen. Schon erstaunlich was der Mann alles über die Welt aussagen kann, mit Punkten und Strichen.

Ganz am Ender der Ausstellung war ich dann ganz bewegt, als ich in einen weißen Raum kam in dem nur ein graues Viereck an die Wand gemalt war. Ziel des Raumes? Dem Menschen die Unendlichkeit nahebringen und ihn so zu einer seelischen Wiedergeburt bringen.

Was soll ich sagen? Ich habe mich tatsächlich wiedergeboren gefühlt, in diesem Raum und stand den Trämen nahe. Irgendwas scheint der Lee Ufan doch ausgelöst zu haben.

08.09.2011

October Walk 15, Long Beach

Edward Sharpe and the Magnetic Zeros – Jane Linn

Unsere erste Couch Surfing Erfahrung war wahrlich ein Volltreffer. Das kann man glaub ich wirklich so sagen. Und das, wo er doch mit einem ganz schönen Schock begann. Es war i.wie alles ein wenig verplant:

Zunächst meinte der Nico, wir würden bei einer Frau übernachten. Dann, 2 Tage bevor wir nach Long Beach fuhren änderte er seine Meinung und meinte jetzt, es wär doch ein Mann, er hätte nämlich ein Foto gesehn. Also stehen wir so am Bahnsteig und ich frag den Nico so, ja wie sieht er denn aus, der Aoife. Ja – Komischer Name!

Also beschreibt er mir so nen Südamerikaner mitte dreißig. Plötzlich eine Stimme hinter uns: „Are you the two guys from CS?“
Wir drehen uns um und da steht statt dem muskulösen Südamerikaner, eine schlanke Frau mit Hochsteckfrisur. Wir beide glotzen sie mit weit aufstehenden Mund und aufgerissenen Augen an… Hä?!- eben das dachte ich in dem Moment und die Frau trat erstmal zwei Schritte rückwärts. Ha, was für eine prachtvolle Begrüßung.

Wir fuhren dann mit einem Taxi zu ihrer Wohnung, die eig mehr ein Haus ist. Echt super schön, wie man sich so ein Surferhaus halt vorstellt. Draussen im Garten steht ne fette Bar, wir haben ein eigenes Zimmer. Dann zeigt sie uns im Schuppen noch zwei Räder, die wir benutzen koennen.

Aoife- die man wie Eva nur mit „f“ ausspricht ist wirklich eine nette Person, die anscheinend sehr schnell Vertrauen aufbaut. Während den 3 Tagen, die wir bei ihr gelebt haben, haben wir sie höchstens 2 Stunden lang gesehen. Sehr skurril,… am ersten Abend ging sie nach 1 Stunde ins Bett und überlies uns PC, Fernseher und den PIN um ins Haus zu kommen.

Am nächsten Morgen war sie dann schon ausser Haus als wir aufstanden. Dann sahen wir sie den ganzen Tag nicht mehr, um 6 Uhr kam sie heim nur um gleich wieder zu ihrem Freund aufzubrechen. Da blieb sie dann die ganze Nacht, holte morgens kurz ihr Zeug und verschwand dann wieder bis zum Abend. Unglaublich! Wir hatten echt ständig das gesamte Haus für uns. Schon cool.

Andererseits, wenn wir schlechtere Menschen wären, hätten wir locker die gesamte Bude ausräumen können. Obwohl ein gewisses Restrisiko bleibt, man weiss ja nie ob sie nicht vllt ne kleine Schrotflinte unterm Kopfkissen versteckt hat,… Spass beiseite, es war wirklich sehr angenehm für uns !

Der Hauptaspekt weshalb wir hier in Long Beach waren, war ja das Quicksilver Pro event. Und das war echt cool. Die weltbesten Surfer kämpften um ein Preisgeld von 1 Million Dollar. Dafür kann man schon was erwarten und das bekamen wir auch zu sehen. Echt unglaublich was die Surfer drauf haben, vor allem. bei was für Wellen! Meterhoch springen die, machen ne 360 Grad Drehung und landen wieder irgendwo auf dem 4m Wellenberg, um sogleich weiter zu surfen. Wahnsinn….

Ein lustiger Nebeneffekt von der Surf-WM war, dass wenn Nico und ich so auf der Strasse oder in irgendeinem Laden unterwegs waren, und deutsch miteinander redeten, wurden wir ständig angesprochen und gefragt ob wir denn Surfer wären. Wahrscheinlich erscheinen wir mit unserem Vollbartlook, und ich mit meinen langen Haaren schon ziemlich authentisch.

11.09.2011

Das schöne Cape Cott

Edward Sharpe and the Magnetic Zeros – Up from below

Von Long Beacht aus waren wir über 12 Stunden lang unterwegs um nach Cape Cott zu unserem Camping zu kommen. Um 7 Uhr morgens haben wir das Haus verlassen und um kurz nach halb 8 abends waren wir dann endlich da. Wir hatten die Entfernungen i.wie ein wenig unterschätzt. Na ja, es lag auch daran, dass wir über Boston fuhren weil uns das billiger kam. Und doch trafen wir wieder unglaublich nette Menschen, ohne die wir erst gar nicht bis zum Ziel gekommen wären.

Ich hab den Eindruck, als hätten die Menschen in unserer Gegenwart den Drang heute mal ihren sozialen Tag auszupacken. Tja, mir solls recht sein. Aber Nico hat grad eben auch schon bemerkt, dass mein Bart jetzt endgültig zum Urwald-Vollbart angewachsen ist. Vielleicht liegts ja daran, wir sehen so bedürftig aus. Schliesslich ist mein Haupthaar mittlerweile auch von beträchtlicher Länge.

Das Problem entstand als wir Hyannis erreichten und weiter mit dem Regionalbus mussten. Es war nämlich schon 5 Uhr und der Regio, der zum Camping gefahren wäre, war schon weg, wie uns ein Busfahrer berichtete. Der nächste würde erst am nächsten Tag kommen und es waren ca 25 Meilen Fußmarsch. Nicht gerade rosige Aussichten!
Also beschlossen wir einfach mit zu fahren und an dem Ort, der dem Camping am nächsten war, auszusteigen. Das waren dann immerhin nur noch 4 Meilen zu gehen, vllt würden wir auch ein Taxi finden.

Soweit, so gut. Womit wir jedoch nicht rechneten war, dass der Bus über 1,5 Stunden unterwegs sein würde. Es wurde langsam dunkel draussen und wir mussten auch noch das neue Zelt von der Alex aufschlagen, mit der wir uns am Bahnhof getroffen hatten. Zum Glück nahm der Busfahrer einen Umweg in Kauf, nur um uns wie ein Taxi direkt beim Camping rauszulassen. Huf, danke lieber Busfahrer.

An der Rezeption angekommen; es war mitterlweile stockfinster draussen, bekommen wir dann die näcshte Hiopsbotschaft. Es gab überhaupt keine Laternen auf dem ganzen Campingplatz und wir hatten natürlich auch keine Taschenlampe dabei. Zum Glück war Vollmond.

Der Typ an der Rezeption schaute ganz erstaunt, als er vernahm, dass wir kein Auto anzumelden hatten und entschloss sich dann kurzerhand uns noch zum Store zu fahren, der nur noch 15 Minuten geöffnet hatte, damit wir zumindest noch eine Taschenlampe kaufen konnten.

Das war im Nachhinein gesehen, echt das grösste Glück des Tages. Denn wir waren ca. 10 Minuten mit dem Auto unterwegs, da hätten wir zu Fuss über ne Stunde für gebraucht. Immer weiter gings hiniein, in den Urwald, von Zeit zu Zeit sah man mal ein Lagerfeuer zwischen den Bäumen aufleuchten.

Im Laden angekommen beschloss der Ranger dann, dass er noch nicht sozial genug gewesen ist. Er kaufte uns einfach mal Campingutensilien für über 20$!
Wahnsinn – von Popcorn bis zu Marshmallowspiessen und nem Leuchtfeuer, das man ins Lagerfeuer werfen konnte. Wir waren plötzlich bestens ausgerüstet.

An unserem Zeltplatz angekommen, kamen gleich die Nachbarn angelaufen und boten uns Gaslampen an, damit wir im Dunkeln sehen konnten. Das Zelt war in 2 Minuten aufgebaut und wir machten uns ein Lagerfeuer mit den Holzlatten vom Ranger. Es war echt ein super schöner Abend, mitten in der Wildnis, einzig das uns umgebende Zirrpengeräusch war neben dem Knistern des Lagerfeuers zu hören.

So sassen wir auf einer Mondbescheinenden Lichtung und genossen amerikanische Spezialitäten, wie z.B. geröstete Marshmallows oder Smores. Voller Glückseligkeit waren wir, weil uns das alles durch die Unterstützung von Fremden gelungen ist. Deren Hilfe zeigt uns, dass wir gar nicht so allein sind auf der Welt, wie wir manchmal annehmen.


Wir haten 2 mega schöne Tage im Nickerson State Park, die unter einem Begriff ganz treffend zusammengefasst werden können: Chillen.

Den ganzen Tag über lagen wir an dem See, der 10 m von unserem Zelt lag und waren berauscht von dessen Blautönen, die von türkis-grün bis dunkelblau reichten. Solche Bilder kennt man sonst nur von Plakaten!
Abends und morgens bin ich um den See gelaufen, auf kleinen Pfaden wurde ich von den mich umgebenden Eindrücken beflügelt. Ein sanfter Piniengeruch stieg mir in die Nase, über mir das Vogelgezwitscher und zwischen den Bäumen lugte immer wieder das Blau des Sees hervor. Der Schatten der Bäume spendete Frische und Schutz vor der herunterbrennenden Sonne.

Am Abend bereiteten wir uns mal wieder amerikanische Spezialitäten am Spiess zu und wärmten uns zugleich am Lagerfeuer. Das Zirpengeräusch in den Ohren, liessen wie die Natur auf uns eindröhnen und den Geist in höhere Ebenen schweben.

Wir erlebten das volle Kontrastprogramm, von der Grosstadtmetropole waren wir jetzt in der reinsten Natur gelandet. Nachts hatte ich sehr unruhige Träume, die das Resultat der Aufregung der letzten Woche waren. Das entspannen im Naturpark tat mir sichtlich gut, ich hatte diesen Urlaub vom Urlaub echt nötig. Auch wenn es zum Ende hin ein wenig langweilig wurde.

Einige Eigentümlichkeiten hatte dieser Campingplatz schon. Am herausstechendsten waren seine Entfernungen. Für einen Gang zur Dusche war man schon mal so 15 Minuten mit Schlappen und Handtuch auf dem Highway unterwegs. Zurück am Zelt war man wieder nass geschwitzt. Ein Glück, dass der Platz direkt am Eingang war; soll heißen, 15 Minuten Fussweg.

Die bewältigten wir heute Nachmittag um unseren Bus richtung Boston zu nehmen. Wir stellten uns dazu auf die Hauptstrasse um zu Winken sobald der Bus kommt. Dann würde er anhalten und uns einsteigen lassen. Soweit die Theorie. In der Praxis kam einfach kein Bus vorbei. Eine Nachfrage an der Rezeption verschaffte Klarheit. Wir waren in der Nebensaison, da fuhren Sonntags keine Busse.

Ach was, keine Panik, auf unser Glück ist verlass. So war es zumindest bis jetzt immer und so sollte es auch diesmal sein. Der Parkranger von der Rezeption hatte nämlich kurz nach unserer Nachfrage Dienstschluss und fuhr kurzerhand die 25 Meilen zu dem Busbahnhof zu dem wir mussten. Ganz schön eng war das, in dem 2-mann-truck zu viert. Und wahrscheinlich mal wieder Rettung in letzter Not.

15.09.2011

Unialltag in Boston

Massive Attack – Paradise Circus

Es war eine schöne Zeit in Boston, in der wir vor allem viel über den Unialltag von Alex erfuhren. Sie lebt zusammen mit noch einem Mädchen in einer wirklich winzigen 1-Zimmer-Wohnung. Trotzdem fand sich noch ein Plätzchen für 2 Luftmatratzen (eig wars nur eine, Nico hatte nämlich keine) und 2 Backpack-Rucksäcke. Wir legten uns in den Gang zwischen die beiden Betten von den Mädls. Morgens mussten wir unsere Schlafplätze wieder völlig abbauen, ansonsten wär nämlich kein Platz mehr zum stehen gewesen.

Erwähnenswert war noch die Mensa, wobei Mensa das falsche Wort ist, weil man damit auf das Tablett geklatschtes Essen assoziiert, bei dem man gar nicht erst darüber nachdenken will, was da eigentlich alles drinnen ist. Nein, dieses Essenständeansammlung wurde mit Liebe geführt! Oh, das ist evtl. auch ein wenig übertrieben, aber wir fühlten uns dort zumindest wohl. Außerdem gab es von Pizza aus dem Steinofen bis zu Sushi alles was man sich vorstellen kann. Wir verbrachten über 3 Stunden dadrin und waren danach so kugelrund, dass wir mehr rausrollten als gingen und im Verlauf des Nachmittags erstmal ein ausgedehntes Nickerchen nötig hatten, bevor wir uns überhaupt wieder richtig bewegen konnten. Ja, sowas passiert bei „All you can eat“.

Boston ist an sich, von außen oder besser von der Ferne betrachtet eine Stadt wie NY nur halt eben nicht ganz so gross. Es gibt auch riesige Hochhäuser, die die Skyline prägen… Wenn man jedoch durch die Strassen zieht, erkennt man gleich eine Veränderung im Gegensatz zu NY. Es sind viel weniger Leute unterwegs. Wenn dann sind es grösstenteils anzugtragende Businessmänner.

Hin und wieder ist auch was jüngeres dabei, irgendwie sind die aber alle nicht so stylish wie auf dem BigApple.Ich sollte besser sagen, ich hab nicht einen stylishen Menschen gesehen, also ausser uns natürlich. Es fehlen zudem die gelben caps, die in NY das Strassenbild ausmachen, in Boston sind die Taxis langweilig weiss.

Es gibt aber eine echt schöne Uferpromenade von der aus man Luxusjachten aller Größen neben den teuersten Hotels der Stadt begutachten kann. Von da aus haben wir auch eine Fähre genommen, die normalerweise Pendler zum anderen Ufer bringt. Das war echt schön, das Stadtbild im späten Sonnenuntergang, durch den die Hochhäuser alle rötlich violett funkelten.

Eigentlich ist Boston eine Studentenstadt man denke nur an Havard. Nur leider sind die ganzen Jugendlichen nie zu sehen, weil sie den ganzen Tag auf dem Campus und in ihrer mini Studentenwohnung hocken und büffeln. Nur morgens, bei einem Spaziergang im Stundentenviertel, ist die Masse der jüngeren Leute mal sichtbar. Da fällt mir noch was ein, was der Nico ganz am Anfang gesagt hatte, als wir am Bahnhof von Boston ankamen und ich ganz verwundert auf eine riessige, menschenleere Fläche von Bahnsteigen schau: „So hab ich Boston kennengelernt, gross und leer.“

16.09.2011

Eine skurrile Oase in der Bronx

Jack Johnson – You and Your Heart

Unsere letzte CS-Station führte uns letztendlich tatsächlich in den NY’er Untergrund, zum Abschluss der Abschied, wir waren in der Bronx gelandet. Was wir dann antrafen war umso skurriler weil es mit unseren Vorahnungen und Befürchtungen geradezu im Gegensatz stand.

Ein Shuttlebus von Justins Uni, der Fordham University, fuhr uns in brisanten 20 Minuten von Manhattan direkt zum Campus. Dort angekommen, wir befanden uns jetzt mitten in der Bronx, erblickten wir eine riessige Parkanlage mit vielen Fussgängerwegen die von anmutigen Laternen dezent beleuchtet wurden. Zwischen den riessigen Bäumen stand mitten auf einer solchen Wiese, eine gigantische Burg mit Spitztürmen. Träumte ich?

Sollten wir nicht eigentlich in einem Rattenloch landen, mit dreckigen Strassen und sinistren Gestalten in den schlecht beleuchteten Schatten. Anstatt dessen waren wir im Mittelalter gelandet und das, wo es im Amerika doch gar kein Mittelalter gab! Sehr verwirrend, ja. Das erste was ich machte, war an die Burg zu gehen und gegen zu klopfen. Nein, sie war nicht aus Pappe, sondern tatsächlich aus Stein. Und sie wurde 1933 erbaut. 100m eiter war der Spitzturm einer Kirche auszumalen, die man wegen ihren Farbfenstern eig. In 18.Jhd. einordnen würde…

Diese Altdratitionelle Aufmachnung der Uni kommt nicht von ungefähr. Justin klärte uns mal über die Unikosten auf:

Jahresgebürhen von: 55.000$ zzgl. 15.000$ Wohnungsgebühr, wenn man auf dem Campus wohnt. Mit der höchsten Subventionsstufe muss man immer noch über 30.000$ pro Jahr zahlen. Da lob ich mir unseren Bafög!

Unser CS-custom hatte seine Wohnung aber nicht auf dem Campus, sondern wohnte tatsächlich in der Bronx. Weil er aber direkt neben dem Campus wohnte, war es eins der sichersten Gebiete der Bronx. In Harlem kams mir teilweise unheimlicher vor.


Die letzten Tage bei Justin waren echt super schön. Das lag vor allem daran, dass wir uns mit ihm und seinen Freunden so gut verstanden. Er ist einfach ein lustiger, offener und sehr herzlicher Rotschopf.

Gestern war Freitag, das heisst in Collagesprache: „Sorgen vergessen, vor allem die Schule. Am besten einfach alles in Alkohol ertränken.“ Tja, das wurde dann auch erfolgreich ausgefürht, und wir waren mittendrin.

Wir kannten schon aus Erzählungen von Alex die Exzessucht der hier noch minderjährigen. So ist es hier auf dem Collage anscheinend üblich sich bei irgendjemandem daheim zu treffen, um Alkohol zu trinken. Wir waren auf jeden Fall gespannt, 5$ sollte jeder für eine Tequilaflasche, die wir uns teilten, zahlen.

Los gings so um 9 Uhr (p.m.!), bei uns würde man das was wir taten als vorglühen bezeichnen, wir leerten zu 5. die halbe Tequilaflasche, in dem wir immer wieder Shotrunden abhielten. Danach gings dann zum Campus, weil dort ein sog. „Dance“ stattfand.

Nico und ich mussten Menden von Justin anziehen, weil die Kleiderordnung anscheinend sehr strikt war, Außerdem tauschte ich meine blau strahlenden Laufschuhe durch Stiefel von ihm aus. Am Einganf wurden wir dann erstmal mit Handschlag vom College-Präsidenten begrüßt und als deutsche Austauschstudenten vorgestellt.

Der Chefe war ein klein gewachsener Priester, dem der Schwindel offensichtlich nicht auffiel. An dem Geistlichen vorbei wurden wir dann in der großen Turnhalle von ganz ungeistlichen Lichteffekten und Elektrobass begrüßt. Die wild tanzenden Jugendlichen auf Stöckelschuhen und in Anzügen machten das Bild endgültig skurril.

Obwohl wahrscheinlich erst die Hälfte der feiernden über 21 war, schienen doch alle besoffen zu sein. Erschreckend waren zudem die Blicke, die die Mädels einem entgegenwarfen wenn man vorbeiging.

Sie schienen zu sagen: „Hallo ich bin Anika, ich würde mir gerne die Klamotten vom Leib reissen.“[1]

Als unschuldiger Europäer kann man sich da schon ganz schön erschrecken, die schienen hier ja noch weniger über die Welt zu wissen als unsere G8’ler in der Heimat.

Nachdem wir uns am Buffet satt gegessen hatten, gings zurück in die Wohnung um nachzutanken.

Danach wurde die Bronx unsicher gemacht und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Die ganzen Strassen in dem Wohnviertel, das an den Campus grenzte, waren gefüllt von weissen jugendlichen im Anzug.

Eine Sorte von Menschen also, die man sich normalerweise in Manhattan im „financial district“ vorstellen kann, aber ganz und gar nicht in der Bronx. Besoffen taumelte die Menge von einer Privatparty zur anderen, bis die Restbestände an Alkohol leer getrunken waren und die ersten Schlägereien losgingen. Dann flippte der Eigentümer aus und schickte alle weiter. In die Bars kam man ja noch nicht, die wollten alle ID’s sehen und man durfte erst ab 21 rein.

Irgendwann um 2 Uhr kam ich völlig erschöpft nach Hause und schlief sofort ein.

Als das Ende unseres Aufenthalts kam, waren dann doch alle ein wenig traurig. Wir hatten noch einige superschoene Momente mit Justin und co erlebt. Vor allem dem Nico ist der Abschied sicherlich noch ein Stueck schwerer gefallen als mir. Am Morgen unserer Abfahrt traf ich ihn zusammen mit Sonja im Nachbarbett an. Wenns auch nur fuer eine Nacht war, und zwar mit einigem Wodka im Bauch, so hat er wohl doch ein bisschen seine Liebe gefunden, in New York.



[1] Alternativ: “Ich würde gerne für dich meine Unschuld verlieren.”